Kommunalwahlen in Venezuela: Sozialisten bleiben stärkste Kraft


Erfolg für Maduro
Von André Scheer
10.12.2013


Venezuelas Präsident Nicolás Maduro geht gestärkt aus den am Sonntag durchgeführten Kommunalwahlen hervor. Seine Vereinte Sozialistische Partei (PSUV) konnte sich landesweit klar als stärkste Kraft behaupten. Zusammen mit ihren Verbündeten erreichte sie gut 5,1 Millionen Stimmen – knapp 700000 Stimmen mehr als das rechte Oppositionsbündnis MUD – die Präsidentschaftswahlen im vergangenen April hatte Maduro bei insgesamt höherer Beteiligung nur mit einem Vorsprung von 220000 Stimmen gewinnen können. Zudem konnte sich die Linke in 212 Bezirken durchsetzen, während das rechte Lager nur 73 Städte gewann. In 52 stand der Gewinner am Montag noch nicht fest. Allerdings befinden sich unter den von der Opposition eroberten Bezirken die zweitgrößte Stadt Venezuelas, Maracaibo, sowie Valencia im Bundesstaat Carabobo. Hier war die bislang von den Sozialisten gestellte Stadtverwaltung im Oktober durch einen Korruptionsskandal erschüttert worden, der bisherige Bürgermeister Edgardo Parra sitzt in Haft. Nun konnte sich in der drittgrößten Stadt des Landes der MUD-Kandidat Miguel Cocchiola durchsetzen.


In Caracas bleibt alles beim alten. Als Oberbürgermeister des Hauptstadtdistrikts, der neben dem eigentlichen Stadtgebiet auch mehrere schon zu anderen Bundesstaaten gehörende Bezirke umfaßt, wurde der Oppositionspolitiker Antonio Ledezma knapp wiedergewählt. Der Innenstadtbezirk Libertador bleibt in den Händen des Sozialisten Jorge Rodríguez, während die umliegenden Mittelschichtsviertel weiter von der Rechten kontrolliert werden.

Die Ergebnisse wurden in Venezuela nahezu einhellig als Erfolg für die Regierung bewertet, auch wenn etwa die Rechtspostille Tal Cual von einem »Pyrrhussieg« fabulierte. Oppositionsführer Henrique Capriles Radonski, der zuvor noch auf eine Mehrheit für die Regierungsgegner gehofft hatte, wertete das Ergebnis als Beleg dafür, daß Venezuela »ein gespaltenes Land« sei, und prognostizierte für 2014 »ein sehr schweres Jahr«, weil die Regierung mit ihren wirtschaftspolitischen Maßnahmen der vergangenen Wochen nur auf den Wahltag gezielt habe.

Demgegenüber sieht der Chef des Meinungsforschungsinstituts Hinterlaces, Oscar Schemel, Capriles als »den großen Verlierer« vom Sonntag. Dessen Strategie, die kommunalen Entscheidungen zu einem Referendum gegen den Staatschef zu machen, sei gescheitert. Die Opposition müsse ihr Spitzenpersonal überprüfen, denn sie habe »eine schwache Führung ohne Inhalte«, sagte er dem Fernsehsender Globovisión. Die Wahlen hätten den Klassencharakter der politischen Differenzen in Venezuela bekräftigt, denn der Chavismo verkörpere eine Klassen­identität der ärmeren Bevölkerungsschichten, während die Opposition im Mittelstand stark sei. Das könne für die Linke mittelfristig zu einem Problem werden, wenn sie ihren Diskurs nicht anpasse.

Präsident Maduro feierte indes den »großen Sieg« seiner Partei. Das Volk habe entschieden, »daß die Bolivarische Revolution stark wie nie weitergeht«, erklärte er bei einer Kundgebung am Wahlabend auf der Plaza Bolívar im historischen Zentrum von Caracas. »Hier hast du dein Plebiszit, Caprichito«, wandte er sich mit einem wenig schmeichelhaften Spitznamen an Capriles. »Niederlage Nummer vier in Folge für die MUD und ihr korruptes Oberkommando«, kommentierte er mit Blick auf die zwei Präsidentschaftswahlen im Oktober 2012 und April 2013, die Regionalwahlen im vergangenen Dezember und nun die Entscheidung über die Kommunalparlamente.

Die linke Bundestagsabgeordnete Sevim Dagdelen kommentierte den Ausgang der venezolanischen Wahlen über Facebook: »Bezeichnend, daß deutsche Mainstreammedien, die vor den Wahlen noch von einem Stimmungstest für den venezolanischen Präsident Nicolás Maduro gesprochen hatten, sich jetzt ausschweigen bzw. versuchen, den Erfolg der PSUV zu relativieren.«

Insgesamt waren am Sonntag gut 19 Millionen Menschen zur Teilnahme an der Wahl aufgerufen. Die Beteiligung lag mit knapp 54 Prozent für venezolanische Verhältnisse relativ hoch. Entschieden wurde über 2792 Ämter, darunter neben Mandaten in den Kommunalparlamenten 355 Bezirks- und zwei Oberbürgermeister.



» http://www.jungewelt.de/2013/12-10/059.php
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