Bei der Vorstellung ihres Gesprächsbuches über Kuba »Amboss oder Hammer« betonten Hans Modrow und jW-Autor Volker Hermsdorf auf der Rosa-Luxemburg-Konferenz: Uns stehen »weder Schlaumeierei noch weise Ratschläge mit erhobenem Zeigefinger« zu. In den elf chronologisch geordneten Abschnitten des Bandes geht es so auch in erster Linie um die »kubanische Biographie« des früheren DDR-Politikers, Ministerpräsidenten, Bundestags- und Europaabgeordneten und heutigen Vorsitzenden des Ältestenrats der Partei Die Linke, Hans Modrow. Er schildert Erlebnisse, die er bei seinen neun Reisen in die Karibik seit 1970, sammelt. Das Anliegen solle aber ein anderes sein, schreibt er im Vorwort: Die revolutionären Prozesse, »die sich weiterhin in Kuba und – nach einem Ausspruch von Hugo Chávez über »Sozialismus im 21. Jahrhundert« – in einer Gruppe von Ländern in Lateinamerika« vollziehen.
Die im Band festgehaltenen Gespräche, die im vergangenen Jahr über viele Monate in Berlin geführt wurden, drehen sich letztlich um diese – wenn man so will – strategische Perspektive: Welche Rolle spielt die kubanische Revolution in der Welt? Die Autoren erörtern dies vor dem Hintergrund des Scheiterns der europäischen sozialistischen Länder, zu deren Ursachen Hermsdorf immer wieder nachfragt. Die Antworten Modrows zur Rolle Kubas lassen sich so zusammenfassen: Das, was über die USA erst jüngst vom gegenwärtigen Präsidenten fälschlich wieder hinausposaunt wurde, nämlich ein »unerlässliches Land« zu sein, auf das revolutionäre Kuba trifft es auf andere Weise zu. Die USA mögen die einzige Weltmacht sein, mit der Entscheidung der kubanischen Revolutionäre für den Sozialismus wurde aber die Insel zu einem Faktor der Weltpolitik und ist dies heute noch. Je mehr die Gegensätze auf der Welt zunähmen, um so «bedeutender« werde das heutige Kuba für Lateinamerika »und für weitere Diskussionen über Sozialismus im 21. Jahrhundert sein und bleiben«. Deswegen handele es sich bei der Solidarität mit Kuba nicht um »Traditionspflege einiger unverbesserlicher Altlinker«.
Abgeschlossen wurde der Band vor Bekanntgabe der neuen Beziehungen zwischen Washington und Havanna. Das Wichtige an ihm: Die sich daraus ergebenden möglichen Folgen werden hier bereits diskutiert.
Volker Hermsdorf/Hans Modrow: Amboss oder Hammer. Gespräche über Kuba. Verlag Wiljo Heinen, Berlin und Böklund 2015, 432 Seiten, 16 Euro
junge welt
15. Januar 2015
Arnold Schölzel
