Sandinisten schlagen Rechte

Von Volker Hermsdorf
In Feierlaune: Anhänger der FSLN nach Bekanntgabe der Wahlergebn

In Feierlaune: Anhänger der FSLN nach Bekanntgabe der Wahlergebnisse in Managua am Sonntag abend

In Nicaragua haben die Sandinisten den Vormarsch der Rechten in Lateinamerika vorerst gebremst. Nach Auszählung von zwei Dritteln der Stimmen votierten bei den Parlaments- und Präsidentschaftswahlen am Sonntag über 70 Prozent der Wähler für den sandinistischen Amtsinhaber Daniel Ortega. Zur Vizepräsidentin wurde die bisherige Regierungssprecherin und Ehefrau Ortegas, Rosario Murillo, gewählt. Auch bei den Parlamentswahlen landete die Sandinistische Nationale Befreiungsfront (FSLN) mit 72,1 Prozent Zustimmung an der Spitze. Die größte Oppositionskraft, die Liberale Konstitutionalistische Partei (PLC), erreichte lediglich 14,2 Prozent, die nächstfolgenden drei Parteien blieben mit jeweils unter fünf Prozent ebenfalls chancenlos. In dem mittelamerikanischen Land waren am Sonntag rund vier Millionen Menschen zur Wahl aufgerufen worden. Wie der Vorsitzende des Obersten Wahlrats (CSE), Roberto Rivas, am Montag vormittag (Ortszeit) mitteilte, lag die Wahlbeteiligung bei 65,8 Prozent.

Bereits nach Bekanntgabe der ersten Zwischenergebnisse feierten Tausende Anhänger der Sandinisten ihren Erfolg mit Musik und Tänzen auf den Straßen der Hauptstadt Managua und in vielen anderen Orten des Landes. »Die Nicaraguaner haben für den Frieden, die Stabilität und die Sicherheit ihrer Familien gestimmt«, erklärte Ortega jetzt. Er bezeichnete die Abstimmung als »historisch« und hob hervor, dass sich die Nationalversammlung nach dieser Wahl zum ersten Mal zu jeweils 50 Prozent aus Männern und Frauen zusammensetze. »Das ist des Land des Patrioten und Freiheitskämpfers Augusto César Sandino würdig«, erklärte Ortega. Nach dem Sieg der sandinistischen Revolution über den US-hörigen Diktator Anastasio Somoza im Juli 1979 war Ortega bereits von 1985 bis 1990 und ist seit 2006 Präsident des nach Haiti zweitärmsten Landes der Region.

Unter der FSLN wurden Fortschritte im Aufbau des Bildungs- und Gesundheitswesen sowie bei der Armutsbekämpfung erreicht. In den vergangenen fünf Jahren verzeichnete das Land zudem Wachstumsraten um die fünf Prozent. Zu den ersten Gratulanten gehörte Kubas Präsident Raúl Castro. »Unser Amerika kann weiter auf euch zählen, um Gerechtigkeit und Wohlstand für unsere Völker und die so notwendige Integration Lateinamerikas und der Karibik zu erreichen«, beglückwünschte er die Wahlsieger. Venezuelas Präsident Nicolás Maduro twitterte: »Es leben Bolívar und Sandino!« Er grüßte die »Brüder und Schwestern« in Nicaragua »mit (dem ehemaligen venezolanischen Präsidenten; jW) Chávez und einer Umarmung durch unser ganzes Volk«. Auch andere Staats- und Regierungschefs der Region gratulierten.

Nachdem Regierungsgegner mit einem Aufruf zum Wahlboykott gescheitert waren, forderten Teile der rechtskonservativen Opposition bereits vor Auszählung der Stimmen Neuwahlen. Westliche Medien verbreiten Erklärungen des ehemaligen Präsidentschaftskandidaten Luis Callejas und eines sich FAD nennenden »Oppositionsbündnisses«, nach denen diese das Resultat »wegen der niedrigen Wahlbeteiligung« nicht anerkennen wollen. Auch die US-Botschafterin in Managua, Laura Dogu, hatte bereits Tage vor der Wahl in einem Interview der Tageszeitung La Prensa die Legitimität der künftigen Regierung vorab in Frage gestellt. Vor gut einem Monat verabschiedete das US-Repräsentantenhaus einen Gesetzesentwurf über wirtschaftliche Sanktionen gegen Nicaragua. Mit diesem »Nicaragua Investment Conditionality Act« (NICA Act) kann Washington – sobald Senat und Präsident zugestimmt haben – künftig Kredite internationaler Finanzinstitutionen an Nicaragua blockieren. Beobachter sehen darin die Vorbereitung für einen »sanften Staatsstreich«.



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Veröffentlicht unter Aktuell, Cuba, International

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