USA weiter Schurkenstaat

 
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US-Präsident Donald Trump applaudiert sich während seiner Rede am 30. Januar 2018 in Washington. Hinter ihm Vizepräsident Michael Pence (l) und der Sprecher des Repäsentantenhauses Paul Ryan

Am Dienstag abend (Ortszeit) hielt US-Präsident Donald Trump vor den beiden Kammern des Kongresses seine erste Rede »zur Lage der Nation«. Er hielt sich weitgehend an sein Manuskript und wirkte präsidialer als bei der Rede zu seiner Amtseinführung, in der er in düsteren Tönen vor den USA drohenden Gefahren gewarnt hatte. Inhaltlich blieb Trump jedoch bei seiner harten rechten Linie. »Stolz stehen wir während der Nationalhymne«, forderte er und diskreditierte die überwiegend schwarzen US-Athleten, die aus Protest gegen den anhaltenden Rassismus während der Hymne niederknien.

Trump kritisierte in seiner Rede erneut den Iran-Deal. Er fügte hinzu, die USA müssten ihr eigenes Nuklearwaffenarsenal modernisieren. »Terroristen« sollten, wo möglich, »ausgelöscht« werden. Auch das Gefangenenlager auf Guantánamo Bay wird weiterbetrieben: »Ich habe gerade die Anweisung unterzeichnet«, so Trump. Die Mauer gegen Zuwanderer aus Mexiko solle endlich errichtet werden, Familiennachzug nannte er »Kettenmigration«. Während er so eine härtere Politik gegen Migranten beschwor, zeigten die Kameras zwei US-amerikanische Familien, deren Töchter Bandenkriminalität zum Opfer gefallen waren. Sie zeigten aber auch einen Flüchtling aus der Demokratischen Volksrepublik Korea (DVRK), der laut Trump Tausende Meilen auf Krücken, »über China und Südostasien, zur Freiheit« gereist war. Unter anhaltendem Applaus hielt er seine Holzstützen in die Höhe. »Die meisten aus seiner Familie folgen ihm«, so Trump.

Immer wieder verwies der ehemalige Reality-TV-Star in der 80minütigen Rede auf »Helden« im Publikum. Menschen, die gegen Waldbrände in Kalifornien und Überschwemmungen in Texas gekämpft hatten, wurden beklatscht, die Umweltkatastrophen hielten ihn aber nicht davon ab, die von ihm eingeleitete Energiegewinnung durch »hübsche saubere Kohle« zu feiern.

Trump nutzte dieses jährliche Ritual, um vor allem sich selbst zu preisen, insbesondere seine Steuerreform und die wachsende US-Wirtschaft. Doch der »demokratische Sozialist« Bernie Sanders, gegenwärtig der populärste Politiker in den USA, widersprach Trumps Eigenlob umgehend. Der Aktienmarkt wachse zwar und die drei reichsten US-Amerikaner seien seit März letzten Jahres um 68 Milliarden Dollar reicher geworden, doch die Beschäftigten hätten von der Konjunktur nichts mitbekommen. »Arbeiter in den USA bekommen nur 4 Cent mehr pro Stunde!«, so der US-Senator.

Einige Abgeordnete waren in schwarzer Kleidung zu Trumps Rede erschienen, um ihre Solidarität mit der weltweiten »#MeToo«-Bewegung gegen sexualisierte Belästigung auszudrücken. Mitglieder der Gruppe schwarzer Kongressabgeordneter trugen Anstecknadeln, um die im Dezember verstorbene Afroamerikanerin Recy Taylor zu ehren, die 1944 Opfer einer Gruppenvergewaltigung wurde. Ihre weißen Vergewaltiger wurden freigesprochen, obwohl sie die Tat gestanden hatten.

Trotz rhetorischer Offerten an die Demokraten droht Trump schon Anfang Februar eine erneute Konfrontation. Sollte der Status der rund 1,8 Millionen Menschen, die vor Jahrzehnten als Kinder illegal in die USA eingereist waren, sogenannte Dreamer, nicht legalisiert werden, drohen die Demokraten, der Bundesregierung das Geld abzudrehen. Mindestens acht Demokraten im Senat müsste Trump für seinen Haushalt gewinnen. Nach dieser Rede wird das nicht einfacher.

Stephan Kimmerle, Seattle



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Veröffentlicht unter Aktuell, Cuba, International

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