Normalisierung geht anders

Von Volker Hermsdorf
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»Keine weiteren Zugeständnisse an die Castros, Feigling Obama«: Contras protestieren in Miami gegen die Eröffnung der US-Botschaft in Havanna (14. August 2015)

Am Mittwoch verabschiedete die Bezirksregierung des Miami-Dade County von Florida mit großer Mehrheit eine Resolution, in der Washington »mit Nachdruck« aufgefordert wird, »keine Genehmigung zur Eröffnung eines kubanischen Konsulats in der Metropolregion Miami« zu erteilen. Während US-Präsident Barack Obama gegenüber dem sozialistischen Nachbarn im Süden weiter den »guten Onkel« spielt und sogar mit einer baldigen Stippvisite in Havanna liebäugelt, setzen die Contras weiter auf Konfrontation.

Esteban Bovo, der Vertreter eines der 13 Distrikte des County, hatte den von ihm eingebrachten Antrag in großer Erregung und mit der Ankündigung vorgestellt, er wolle Obama die deutliche Botschaft übermitteln, »dass Miami-Dade kein Ort ist, der die Einrichtung eines Konsulats gestattet, solange es in Kuba keine Freiheit gibt«. Darunter, so war der örtlichen Tageszeitung Nuevo Herald zu entnehmen, versteht der Politiker, »dass Systemgegner wie Guillermo Fariñas dem Präsidenten seines Landes sagen können, wenn sie nicht mit ihm einverstanden sind, ohne Angst haben zu müssen, dafür verprügelt zu werden«. Nur drei County-Vertreter stimmten gegen die Resolution. Sie argumentierten, dass es den kubanischstämmigen Familien nicht länger zugemutet werden könne, für jede konsularische Angelegenheit aufwendige Reisen unternehmen zu müssen. Zu der rund 2,7 Millionen Einwohner zählenden Verwaltungseinheit Miami-Dade gehören 34 Städte, darunter Miami, Hialeah, Miami Gardens und Miami Beach. Doch obwohl in seinem Bezirk rund die Hälfte der zwei Millionen Kubaner in den USA lebt, machte der zum rechten Flügel der Republikaner gehörende Politiker den Hardliner. Bovo schlug vor, wenn es im Süden überhaupt ein Konsulat geben solle, dieses dann 470 Kilometer weiter nordwestlich, in Tampa (Florida) oder noch besser im rund 1.400 Kilometer entfernten New Orleans (Louisiana) einzurichten. Eine offizielle diplomatische Vertretung Havannas in Miami-Dade, so begründete er, würde die Gemüter im County erhitzen und stelle deshalb »ein Sicherheitsrisiko« dar.

Die Bürger sehen das anders, wie eine vom Nuevo Herald am Donnerstag veröffentlichte Umfrage beweist. Danach sind selbst von den meist rechtskonservativen Lesern des Blatts mehr als 50 Prozent nicht mit der von Bovo durchgesetzten Resolution einverstanden. In den USA löste der Vorstoß sofort heftige Diskussionen aus. Auf der Homepage des Nuevo Herald kommentierte ein Leser, dass »die Terroristen des IS wohl kaum ein kubanisches Konsulat in Miami angreifen« würden. Er wertete Bovos Argumentation deshalb als Eingeständnis dafür, dass die von ihm befürchteten Gewaltaktionen »von anticastristischen Extremisten in Miami« ausgehen könnten. Ein anderer fragte kurz und treffend: »Seit wann entscheiden Provinzpolitiker über unsere Außenpolitik?« Auch das kubanische Onlineportal Cubadebate berichtete am Donnerstag über die Resolution. Diese repräsentiere »nicht die Mehrheitsmeinung der Kubanoamerikaner« hieß es dort in einem Kommentar. »Die Ultra­rechten in Miami schaufeln sich ihr eigenes Grab, wenn sie die kubanischen Wähler zwingen wollen, für jede konsularische Frage nach Tampa zu fahren.«

Miamis republikanischer Bürgermeister Tomás Regalado stärkte seinem Parteifreund Esteban Bovo derweil den Rücken. Er kündigte juristische Schritte an, um »jeden Versuch«, in »seiner Stadt« ein kubanisches Konsulat zu eröffnen, zu blockieren. Regalado gehört wie Bovo zum harten Kern der Contras, beide sind erbitterte Gegner des neuen Obama-Kurses. Der 1962 in Queens (New York) geborene stramme Antikommunist Bovo weist in seinem Lebenslauf sogar stolz darauf hin, dass sein Vater ein Kämpfer der berüchtigten Söldnertruppe »Brigada de Asalto 2506« (Brigade des Sturmangriffs 2506) war. Diese von Havanna als terroristisch eingestufte Organisation war von der CIA aufgebaut und trainiert worden und führte am 17. April 1961 die Landung der US-Söldner in der Schweinebucht an. Bei der gescheiterten Invasion waren auf kubanischer Seite 176 Menschen getötet und über 300 verletzt worden. Bovo rechtfertigt die Invasion und pflegt bis heute enge Kontakte zu der Terrorgruppe. Gemeinsam mit Vertretern der »Brigada de Asalto 2506« erklärte er im Jahr 2009 den 17. April zum »Bay of Pigs Memorial Day« (Schweinebucht-Gedenktag).



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Veröffentlicht unter Cuba, International

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