Ideologisierter Journalismus beim Tages-Anzeiger

Leserin-Brief zu

„Zeichen der Unabhängigkeit und Stärke: Autokraten setzen auf eigene Impfstoffe“

(Tages-Anzeiger, Bund, BZ, Anzeiger von Uster vom 19. Januar 2022)

Was Christoph Gurk zu Kuba schreibt ist entlarvend: Ideologisch geleiteter Journalismus! Das wird schon im Titel deutlich – er bezeichnet Kuba als Autokratie, weil es Sozialismus nicht geben darf. Auch nicht wenn er von der überwältigende Mehrheit der Kubaner:innnen nach einem langen demokratischen Vernehmlassungsprozess in die Verfassung aufgenommen wurde.

Im Folgenden einige Richtigstellungen zum Artikel:

Kuba hat 2020 sofort begonnen eigene Impfstoffe zu entwickeln, nicht weil „sie keine ausländischen Wirkstoffe wollen“, sondern weil sie wegen der 60jährigen US- amerikanischen Wirtschafts- und Handelsblockade enorme Importschwierigkeiten haben. Diese Blockade hat sogar die kubanische Impfkampagne behindert.

Die Entwicklung von eigenem Impfstoff ist eine politische Strategie: Kuba hat seit Jahrzehnten in ein öffentliches Gesundheitssystem mit erstklassigen Fachkräften investiert mit dem Ziel den Zugang für alle gratis zu ermöglichen und die Bevölkerung zu schützen. Pharmaunternehmen in anderen Ländern haben dagegen ein Produkt entwickelt, um es an Regierungen zu verkaufen und Profite zu erzielen.

Zu dieser Strategie gehört auch, dass Kuba sobald als möglich seinen Impfstoff in südliche Länder exportieren möchte – getreu seiner historischen Prinzipien des solidarischen Internationalismus. Im Artikel lese ich: „Selbst die Covax – Initiative, die ärmere Länder mit Impfstoffen versorgt, wurde von Havanna ignoriert.“ Die COVAX Facility wurde von der WHO und anderen Organisationen im April 2020 ins Leben gerufen um den Impfstoff gerechter zu verteilen.. In der Schweiz hat der Bundesrat im Juni 2021 entschieden vier Millionen der insgesamt rund 5.4 Millionen Impfdosen von AstraZeneca an die COVAX Facility weiterzugegeben. Die Pharmaindustrie profitiert, die Länder spenden!

Wenn die COVAX Facility Kuba das Angebot machen würde mit ihnen zusammenzuarbeiten und Kaufverpflichtungen für Soberana 2 und Abdala eingehen würde, denke ich nicht, dass Kuba das ablehnen würde. Dazu wäre aber die Zulassung der Weltgesundheitsbehörde (WHO) erforderlich. Die Zulassungsanträge Kubas sind seit September 2021 bei der WHO.

Und abschliessend noch etwas zum Erfolg: Kuba hat eine höhere Impfquote (ohne Impfzwang) im Vergleich zu allen entwickelten Ländern des globalen Nordens. Und die Fachzeitschrift American Journal of Public Health stellt in ihrer Dezemberausgabe fest: „Die koordinierte und umfassende Reaktion auf Covid-19 hat in Kuba im Vergleich zu den Vereinigten Staaten zu deutlich besseren Ergebnissen geführt.“ Die Letalitätsrate beträgt in den USA 1,56 Prozent, in Kuba dagegen nur 0,86.

Margrith Nagel

Uster, 21. Januar 2022

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Veröffentlicht unter Aktuell, Blockade, Cuba, International, Schweiz

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