YPF-Streit: Tunnelblick in Schweizer Medien

Basel/Buenos Aires. "Ich mach‘ mir die Welt widdewiddewie sie mir gefällt", sang Pipi Langstrump in Astrid Lindgrens Kinderbüchern. Nach dem gleichen Prinzip berichtet Sandro Benini für die Basler Zeitung über die geplante Verstaatlichung des Energieunternehmens YPF in Argentinien. Die Maßnahme stoße "überall auf Ablehnung", weiß Benini aus Mexiko-Stadt, rund 7.400 Kilometer von Buenos Aires entfernt, zu berichten. Präsidentin Cristina Fernández handelte wohl aus Verzweiflung, so das Resümee des Korrespondenten.

Der Blick in die lateinamerikanische Presse zeigt ein anderes Meinungsbild – ebenso wie übrigens die Dutzenden Leserkommentare zum Beitrag, die weniger Bedenken gegen den Schritt der argentinischen Regierung haben. "Sieht so aus als wären die Leser anderer Auffassung als ‚Der Rest der Welt’", merkt daher auch Basler-Zeitung-Leser Jos Schmidt an.

Hier also ein kurzer Überblick, was in der Basler Zeitung nicht zu lesen ist:

– Uruguays Präsident José Mujica erklärte, seine Solidarität mit Argentinien gelte "in guten wie in schlechten Zeiten" und kritisierte die "Vormacht" des "reichen Europas";

– Brasiliens Präsidentin Dilma Rousseff bezeichnete die Entscheidung Argentiniens als "innere Angelegenheit", in die sich die Regionalmacht nicht einmischen werde;

– Venezuelas Regierung befürwortete die Rückübertragung des vor wenigen Jahren privatisierten Staatsunternehmens in Gemeinbesitz. Das venezolanische Staatsunternehmen PdVSA stehe zur Hilfe bereit, sagte Energieminister Rafael Ramírez;

– Kubas Außenministerium erklärte in einem Communiqué die Solidarität mit Argentinien. Das Land habe das Recht, souverän über die eigenen natürlichen Ressourcen zu bestimmen;

– Abgeordnete des Andenparlaments forderten die Staaten der Region auf, die geplante Rückverstaatlichung von YPF zu unterstützen;

– Das Lateinamerikanische Parlament drückte indes in einer Erklärung der 23 Mitgliedsstaaten seine Unterstützung der Maßnahme aus und verurteilte ein Kommuniqué des Europäischen Parlaments, in dem Argentinien verurteilt wird;

– Während Weltbank-Chef Robert Zoellnick Argentinien kritisierte, äußerte sich der IWF-Regionalbeauftragte für Lateinamerika, Nicolás Eyzaguirre, zurückhaltend. Die Verstaatlichung von YPF solle "in einem Klima des Einverständnisses“erfolgen" sagte er;

– Ähnlich äußerte sich Argentiniens Unternehmerverband, der die Regierung Fernández lediglich aufforderte, einen Rückgang der ausländischen Investitionen zu vermeiden.

Diesen “Rest der Welt“sieht man freilich nicht, wenn man unter einen politischen Tunnelblick leidet. Aber ist das 389 Franken im Jahr wert?

Harald Neuber
amerika 21
22. April 2012

Ergänzung:
Die Basler Zeitung übernimmt – wie auch die Berner Zeitung – online die Beiträge des Tages-Anzeiger aus Zürich; Sandra Benini hetzt seit Jahr und Tag aus Mexiko-Stadt gegen alle fortschrittlichen Bemühungen in Lateinamerika, insbesondere natürlich gegen Cuba und Venezuela.
NK VSC



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