Schweizer Banken nicht neutral

Die sozialistische Regierung in Havanna übt scharfe Kritik an der Entscheidung zweier Schweizer Banken, ihre Geschäfte mit der Karibikinsel einzustellen. Wie die kubanische Zentralbank Ende vergangener Woche erklärte, haben die Kreditinstitute UBS und die Credit Suisse dem Druck der US-Regierung nachgegeben und jegliche Transaktionen mit Kuba eingestellt. Die Zentralbank wertet den Vorgang in ihrem Kommuniqué als »bedauernswerte Unterordnung unter die Befehle des Imperiums«.

Die USA versuchen seit geraumer Zeit, den kubanischen Finanzverkehr einzuschränken. Ende 2004 wurde der US-Dollar als Devise durch den »konvertiblen Peso« ersetzt. Die US-Regierung hatte zuvor zu verhindern versucht, den Dollarfluß nach Kuba zu stoppen. Damals bereits hatte sie die Schweizer UBS wegen ihrer Kuba-Kontakte zu einer Geldstrafe von 100 Millionen US-Dollar »verurteilt«. Das Kreditinstitut mußte diese immense Summe entrichten, um das lukrative Geschäft in den USA aufrechterhalten zu können.

Nach der Abkehr von Kuba steht nun auch die Unabhängigkeit des Schweizer Bankenwesens in Frage. Nach internationalen Presseberichten hat die UBS den vergangenen Wahlkampf des amtierenden US-Präsidenten George W. Bush sowie den seines Gegenkandidaten John Kerry finanziell unterstützt. Damit wollte sich die Bank offenbar das Wohlwollen der US-Regierung sichern, unabhängig von ihrer Coleur.

Die Maßnahmen der Banken sind daher auch in der Schweizer Presse auf Widerstand gestoßen. Vergangenes Wochenende kritisierte die Züricher Sonntagszeitung, daß die beiden Banken ihre Geschäftsbeziehungen zu Kuba abgebrochen haben, obwohl keine internationalen Sanktionen verhängt wurden. »Die Kubaner werden nur von einem Land boykottiert«, hieß es in dem Beitrag: »von den Vereinigten Staaten von Amerika«. Auf Nachfragen der schweizer Tageszeitung Le Temps verwiesen Vertreter beider Banken auf die hohen Kosten der Geschäfte mit Kuba. Im selben Text aber wird Carlo Lombardini zitiert, einer der bekanntesten Schweizer Bankrechtler. Der Abbruch der Transaktionen mit Kuba ist seiner Meinung nach eine Folge der US-Nähe der Institute.

Dieses Urteil bestätigte in einem Gespräch mit junge Welt auch der Vorsitzende der Vereinigung Schweiz-Cuba (VSC), Samuel Wanitsch. Es sei »besorgniserregend«, wie vor allem die UBS als größtes Bankhaus »Politik an der Regierung vorbei macht«. Der Abbruch der Beziehungen zu Kuba sei paradoxerweise an dem Tag bekannt-gegeben worden, an dem die Schweizer Außenministerin Micheline Calmy-Rey von der regierenden Sozialistischen Partei die Blockade verurteilt hat. Nun will die VSC gemeinsam mit kubainteressierten Parlamentariern politische Schritte prüfen.

Von Deisy Francis Mexidor, Havanna, in junge Welt
Übersetzung: Timo Berger

Präzisierung:
Nicht die sozialdemokratische Aussenministerin Calmy-Rey persönlich verurteilte die Blockade.
Der Abbruch der (Bank)Beziehungen erfolgte aber exakt in der Woche, als die offizielle Schweiz mit 182 andern Ländern die UNO-Resolution zur Aufhebung der US-Blockade gegen Kuba (bei 4 Gegenstimmen von Palau, Marschall, Israel und USA…) unterstützte. Bezeichnenderweise war darüber in den Schweizer Medien nichts zu lesen.
Samuel Wanitsch, Vereinigung Schweiz-Cuba

Veröffentlicht unter Blockade, Schweiz

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